Was für ein Monat. Momentan vermeide ich zu viel ins Depot zu blicken, da es nicht einfach für mich ist, weiterhin an meiner Strategie festzuhalten. Vor ca. 20 Jahren war eine ähnliche Marktsituation für mich der Grund, der sich aber rückblickend als riesiger Fehler erwiesen hatte, mich über 10 Jahre von der Börse fernzuhalten.
Diesen Fehler werde ich jedoch nicht erneut begehen. Steht mein Comdirect Konto im Januar 2022 vermutlich genau so schlecht da, wie so ziemlich jedes durchschnittliche Divididendenportfolio mit einigermaßen defensiver Auslegung, so hat mein wachstumorientiertes ING Depot ordentlich auf die Mütze bekommen und steht nur wenig besser da als der NASDAQ Index an sich.
Selbstreflexion - was habe ich falsch gemacht?
Ich hätte mehr auf meine Intuition im November hören sollen und einige der damals noch im Plus gelegenen Wachstumswerte verkaufen oder zumindest weiter reduzieren sollen. Anmerkung: Ich hatte, wie sich im November Update lesen lässt auch einiges verkauft. Ich hätte aber gewissenhafter auf die Fundamentaldaten der Wachstumsunternehmen schauen sollen und mir hierfür noch mehr Zeit nehmen. Vieles ist aber auch mangelnde Erfahrung, da ich dieses Marktumfeld nicht gut kenne und daher manchmal falsch reagiere.
Generell sind alle Wachstumswerte mit stolzen P/E Ratios unter die Räder gekommen - bei vielen davon mache ich mir allerdings weniger Sorgen. Aber auf was hätte ich achten müssen? Inzwischen habe ich das für mich genauer analysiert.
Bei vielen der kleineren Wachstumswerte ist das Problem, dass sie einen geringen Cashbestand haben. Gerade im aktuellen Marktumfeld einer drohenden Zinsanhebung wird es hinsichtlich des Kreditzyklus eine Wende geben. Die Gefahr für Unternehmen, die noch nicht profitabel sind und in absehbarer Zeit (1-2 Jahre) auch nicht sein können, ist, dass ihnen einfach das Geld ausgehen wird. Weitere Kapitalerhöhungen würden Shareholder Value vernichten, da sie aufgrund der bereits sehr stark gefallenen Kurse extrem verwässern müssten, was einen weiteren Kurssturz zur Folge hätte. Auf der anderen Seite wird es zunehmend schwerer werden, Kredite zu bekommen. All das fließt in die Bewertung der Unternehmen ein.
Es war für mich zu spät ersichtlich, wie stark der Markt kippt und ich habe daher zu spät und zu wenig verkauft bzw. umgeschichtet.
Was habe ich richtig gemacht? Ich denke es war gut bereits im November einige Unternehmen zu verkaufen (einige meiner damaligen Verkäufe sind inzwischen um 50% und mehr gefallen). Allerdings habe ich auch in einigen Fällen Aktien verkauft, die ich vielleicht besser gehalten hätte, da diese bei weitem nicht so stark in Mitleidenschaft gezogen wurden, wie einige der Kandidaten, die ich noch bis Januar halte.
Gut gewählt waren die Verkäufe von Phreesia, Wayfair, Ehang und Butterfly Network. Rückblickend wäre es aber definitiv schlau gewesen, auch bei einigen anderen Kandidaten, wie Aquabounty den Stecker zu ziehen. Ich muss aber auch gestehen, dass ich auf eine Weihnachtsrallye hoffte, die ja aber bekanntermaßen ausblieb.
Nach einem noch akzeptablen November und einem schlechten Dezember gibt es somit einen grandios schlechten Januar und Börsenstart ins Jahr 2022.
Viel schlechter kann es eigentlich kaum werden.
Ich habe im Januar einiges umgeschichtet, mich von einigen Positionen getrennt und auch einige neue Positionen zugekauft. Werde aber in den weiteren Monaten vorsichtig vorgehen, da momentan so ziemlich alles möglich ist und der Markt vielleicht auch aus irgendeinem Grund nochmals um 50% einbricht. Das möchte ich in jeder Situation noch Cash auf der Seite liegen haben. Da man den Tiefpunkt aber sowieso nie exakt erwischen kann, werde ich auch weiterhin die Augen offen halten nach Kaufgelegenheiten, die ich für attraktiv halte.
Zu den Depotveränderungen:
ING-Dynamik-Depot:
Im folgenden die Depot Zu- und Verkäufe:
03.01.2022: Nachkauf Allianz zu 209,45 Euro - wie im Dezember update geschrieben möchte ich die Dividendenseite etwas stärken
06.01.2022: Kauf HeadHunter Group zu 39,87 Euro: mein erstes russisches Unternehmen im Portfolio. Das Unternehmen arbeitet im Bereich Personalvermittlung, wächst stark, ist profitabel und bezogen auf das starke Wachstum mit einem Forward P/E von ca. 20 gut bewertet.
11.01.2022: Nachkauf Gamesworkshop Group PLC zu 107,00 Euro. Hier heißt es wohl Dollar-Cost-Averaging - von Gamesworkshop, die ich schon so lange im Depot haben möchte, bin ich so überzeugt, dass ich hier auch bei weiter fallenden Kursen weiter Kaufen möchte. Das Unternehmen hat einen meiner Meinung nach unknackbaren Burggraben und kann seit vielen Jahren sehr starkes Wachstum aufweisen. Der Trade und Onlinebereich wächst stark - nur der Retailbereich schwächelte Coronabedingt etwas und es kam auch zu einigen Lieferengpässen, die aber nur temporär sein sollten. Dennoch Konnte das Umsatzwachstum weiter gesteigert werden - d.h. unter normalen Umständen wäre das Unternehmen noch stärker gewachsen. Außerdem läuft aktuell die Expansion nach Asien. Nebenbei gibt es sogar eine kleine Dividende.
11.01.2022: Erstkauf MIPS zu 86,85 Euro. Das schwedische Unternehmen hat sich für Helme mit hohen Sicherheitsstandards spezialisiert, die für alle möglichen Sportarten verwendet werden. Das Musatzwachstum betrug in den vergangenen Jahren 30-40%. Das Unternehmen plant seine Umsätze bis 2025 auf ca. 1 Mrd US$ zu steigern.
12.01.2022: Verkauf Church & Dwight zu 89,06 Euro. Das mag sich langfristig als Fehlentscheidung erweisen. Aber war teil des Umschichtens, da ich das Unternehmen, dafür, dass es sehr langsam wächst als doch recht stolz bewertet empfinde.
12.01.2022: Verkauf TUI zu 3,02 Euro. Auch Teil des Umschichtszenarios.
14.01.2022: Teilverkauf SAP zu 122,68 Euro. Teil des Umschichtszenarios
18.01.2022 Nachkauf Games Workshop PLC zu 96,95: wie zuvor erwähnt werde ich mich hier wohl rein-"averagen".
19.01.2022: Verkauf Aquabounty zu 1,54 Euro. Dieser schmerzt mich besonders, und obwohl es hier nicht um einen großen Betrag bzw. Verlust geht ist diese Aktie eines meiner großen Learnings. Das Konzept des Unternehmens klingt fantastisch und es ist nachhaltig. Leider ist es weder profitabel, noch irgendo in der Nähe der Profitabilität. Bei der aktuellen Cashposition des Unternehmens wird es meiner Einschätzung auch schwer es in die Profitabilität zu schaffen (aus den oben beschriebenen Gründen). Besonders weht tut es mir hier, da es hier auch um entgangene Gewinne geht. Die Aktie war zeitweise über 100% im Plus und beim Verkauf habe ich sie mit 30% Verlust verkauft. Buy and Hold sollte man bei diesen hochvolatilen Werten anders handhaben. Ich hatte mich hier zu sehr daran festgebissen, dass ich Teilgewinnmitnahmen bei dieser Aktie erst bei 200% Gewinn realisieren möchte. Zeitfenster verpasst (und vermutlich kommt es auch nie mehr).
19.01.2022: Teilverkauf Guillemot zu 14,96 Euro. Was mir bei Guillemot auffällt, ist dass diese sich doch recht stabil im Bereich zwischen ca.12 und ca. 16 Euro hin- und herbewegt. Vielleicht sollte ich überlegen, diese bei einem gelegentlich Dip auch mal wieder nachzukaufen.
19.01.2022: Erstkauf Lifco zu 20,92 Euro. Was macht das schwedische Unternehmen? Das ist in der Tat schwer zu beschreibe da sich das Tätigkeitsfeld von Dentalprodukten (Praxisbedarf) über Baugewerbe, IT und alles mögliche erstreckt. Das unternehmen hat ein gesundes Wachstum, ist profitabel und hilft meiner Länderdiversifizierung, mich etwas von dem starken US-Fokus zu entfernen.
20.01.2022: Nachkauf Headhunter zu 34,60 Euro, nachdem es hier einen Rücksetzer als Nebeneffekt des Blitzcrashs am NASDAQ gab (schon eigenartig, wie sich der NASDAQ-Index auf russische Unternehmen auswirkt)
27. & 28.01.2022: Nachkäufe Amazon zu 2477,50 und 2531,00 Euro.
Was soll ich sagen, momentan fühle ich mich dem Markt ausgeliefert. Ich kann und möchte nicht mein gesamtes Portfolio umstricken. Sehe aber dennoch Bedarf auch in mein ING Depot etwas mehr Stabilität zu bringen, da es aufgrund des hohen Growth-Anteils unheimlich sensibel auf Kursschwankungen reagiert (in beide Richtungen). Ich hoffe, dass in den nächsten Monaten wieder mehr Ruhe einkehrt und ich mental stark genug sein werde keine unnötigen Verkäufe zu tätigen und die Aktuelle Phase ohne größere Fehlentscheidungen überstehe.
Ziel muss immer der Langzeitfokus sein. Aufgrund der jüngsten Abstürze ist das Ziel des 1 Mio Euro Portfolios wieder etwas weiter nach hinten gerückt, aber bis 2030 habe ich auch noch viel Zeit, aus gemachten Fehlern zu lernen und mich zu verbessern.
Die Performance des ING Depots im Januar 2022 betrug -10,0%
Comdirect Sparplan Depot:
Auf dem Comdirect Depot war im Dezember komplette Langeweile angesagt. Zusätzlich zu den monatlichen Sparplanausführungen gab es einen Einzelkauf:
Einzelkauf Fresenius zu 35,79 Euro, da der Kurs hier inzwischen doch recht weit zurückgekommen ist.
Die Performance des Comdirect Depots im Januar 2022 betrug -5,8%
Sparkassen Depot:
Hier gab es in diesem Monat keine Einzelkäufe
Die Performance des Sparkassen Depots im Januar 2022 betrug -1,3%
Damit betrug die Gesamtperformance aller Depots in Summe im Januar 2022 -5,6
Die gesamte Jahresperformance über alle Depots ist damit -5,6
Dividenden und Zinserträge im Januar 2022:
Cisco Systems
Constellation Software Inc.
Games Workshop Group
Intuit
Micron Technology
PepsiCo Inc.
Walmart
In Summe gab es 117,23 Euro an Dividenden.
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