Der Hintergrund dieses Experiments:
In diesem Jahr bin ich des Öfteren in Überlegungen verfallen, wie ich meine Investitionsstrategien weiter optimieren kann, um einerseits bessere Entscheidungen zu treffen, aber auch meinen Arbeitseinsatz bzgl. meiner Finanzrecherche zu optimieren. Ich hatte bereits vor einiger Zeit einen Backtest gefahren in dem ich, ich glaube es war ca. Mitte des Jahres, mein Depot virtuell eingefroren und Rückbetrachtungen gemacht hatte, wie sich mein Depot weiter entwickelt hätte, wenn ich keinerlei weitere Käufe/Verkäufe ausgeführt hätte. Das Resultat war überraschend. Mein reales Depot hatte sich zwar besser entwickelt, allerdings nur unwesentlich besser und das unter einem sehr hohen Recherche- und Arbeitsaufwand.
Aktuell lese ich gerade das Buch 100-baggers von Christopher Mayer. Der Autor erzählt hier einerseits Anekdoten aus seinem Bekanntenkreis und von Leuten, die er während seiner Buchrecherche kennengelernt hatte, die ihre 100-bagger durch "einfaches" Nichtstun erreicht hatten, da sie einfach ihr Depot nicht mehr angerührt hatten. Andererseits beschäftigt er sich mit den Gemeinsamkeiten von Unternehmen, die in der Vergangenheit zum 100-bagger wurden. Wie auch schon der gute alte André Kostolany postulierte "Aktien kaufen und eine Runde schlafen gehen - und danach den überraschenden Reichtum genießen".
Das Buch führte mich dazu, nochmal meine Notizen zu dem damaligen Backtest herauszukramen und zu überlegen, wie ich meine Investitionsstrategie weiterführen möchte. Im vergangenen Jahr lief mein ING-Depot erstaunlich gut, aber ich möchte dennoch überlegen, wie ich meine Strategie anpassen kann. Diese Überlegungen führten mich zu dem im Folgenden beschriebenen Depot-Backtest.
Der Backtest
Den Backtest führe ich heute am 22.12.2020 durch. Der Ausgangspunkt ist mein ING-Depot. Die unten gezeigte Grafik zeigt mein ING Depot zum jetzigen Zeitpunkt:
Einige der kleineren Positionen sind leider in dieser Darstellung zu dicht gepackt, man kann aber meinen bisher gefahrenen Ansatz erkennen, ein gewisses Balancing beizubehalten und einzelne Positionen durch Verkäufe bzw. Teilverkäufe nicht zu groß werden zu lassen. Aktuell habe ich keine Einzelposition im ING-Depot, die größer als 5% ist.
Aktuelles ING-Depot Stand 22.12.2020
Nun zum eigentlichen Backtest. Ich hatte seit Erstellung des Depots und der Aufnahme der ersten Positionen im Depot insgesamt 171 Käufe und 71 Verkäufe getätigt. Ging ich im Jahr 2019 noch relativ zögerlich vor, war ich im Jahr 2020 wesentlich beherzter und traf doch recht häufig Kauf- und Verkaufsentscheidungen.
Ich wollte nun vergleichsweise im Backtest betrachten, wie sich mein Depot entwickelt hätte, wenn ich keine Verkäufe getätigt hätte, aber alle Käufe so durchgeführt hätte, wie auch real erfolgt. Wichtiges Detail: Diese Strategie wäre so in der Realität nicht möglich gewesen, da ich hierfür nicht ausreichend Investitionskapital zur Verfügung gehabt hätte. Hierzu hätte ich meine gesamten Barreserven und noch mehr aufbrauchen müssen.
Die folgende Depotgrafik ist das Resultat dieses Experiments und zeigt die Verteilung der Aktien in diesem virtuellen Depot - ebenfalls Stand 22.12.2020.
Virtuelles Backtest Depot - Iron Will - Stand 22.12.2020 - Herausrechnung aller Verkäufe
Am Auffälligsten wäre in diesem virtuellen Szenario sicherlich die auf monströse Größe angewachsene Tesla Position, die dann über 20% meines Depots angenommen hätte. Aber auch andere überraschende Positionen wären darin zu finden, die ich zwischenzeitlich aus dem Depot geworfen hatte - sogar teilweise auf den vorderen Positionen. Hier finden sich z.B. Evotec, Netflix, Uber oder der Hanf ETF - von denen ich mich im letzten Jahr getrennt hatte, die sich aber tatsächlich bis heute positiv entwickelt hätten.
Ich werde nicht auf jedes Detail eingehen, aber es wären auch noch viele kleinere Positionen enthalten, bei denen ich kein Potenzial gesehen hatte, die sich aber durchaus noch gut entwickelt hatten, obwohl ich diese sogar mit Verlust oder nur geringem Gewinn verkauft hatte - z.B. Honeywell, Baidu, Hypersolar.
Die größten Minuspositionen (nach Summe, nicht Prozent) wären in diesem Szenario folgende:
Wirecard
Luckin Coffee
Aurora Cannabis
Aurelius Equity Properties
Bayer
Allerdings würden sie durch die starken Pluspositionen mehr als aufgewogen werden.
Wie schon zuvor angesprochen, wären die Investitionen im Iron Will Depot so nicht durchführbar gewesen, mangels Investitionskapitals.
Wäre es allerdings möglich gewesen, dann würde mein ING-Depot um ca. 30% höher stehen als jetzt.
Risikomanagement
Wichtig ist es an dieser Stelle den Punkt Risikomanagement zu erwähnen. Ich muss hier ergänzend anmerken, dass quasi die gesamte Mehrrendite, die das Iron Will Szenario abwirft, fast ausschließlich von der Tesla-Position getragen wird. Hier sehe ich ein sehr hohes Klumpenrisiko. Daher habe ich ein weiteres Szenario erstellt, in dem ich Tesla komplett herausrechne. In diesem Fall käme ich etwas schlechter heraus als mein reales Depot. Nun gilt es für mich also abzuwägen, ob ich mehr Sicherheit haben möchte oder bessere Performance-Chancen.
Meine Entscheidung diesbezüglich ist ein Mittelweg. Wie dieser aussehen wird, erläutere ich im nächsten Paragraphen.
Die Iron Will Strategie für 2021:
Die Strategie, die ich letztendlich fahren werde, ist ein Mix aus meiner bisherigen Strategie und den oben erläuterten Ansätzen. Ich kann natürlich nicht einschätzen, ob ich diese Verfahrensweise so durchhalte, da sie vermutlich ein hohes Maß an Disziplin erfordern wird, aber ich werde mir das als guten Vorsatz für das neue Jahr vornehmen.
Allerdings möchte ich nicht komplett auf Verkäufe, besonders Teilgewinnmitnahmen verzichten, diese jedoch einschränken und einige Regeln für mich formulieren, nach denen ich vorgehen werde, da ich keine zu hohen Risiken eingehen möchte und dabei auch dazu bereit bin, den Preis mit evtl. entgehender Renditen zu bezahlen.
Regeln bzgl. Verkäufen:
Teilverkäufe nur bei Erreichen zuvor formulierter Gewinnziele - das habe ich auch in der Vergangenheit so praktiziert - ich will dies aber noch konsequenter durchführen. Bisher hatte ich solche Ziele nur bei ausgewählten, meist Risikoanlagen formuliert. Ich werde mir das aber zukünftig für jede Aktie vornehmen, die ich ins Depot kaufe. Hiervon verspreche ich mir, sollte ich diszipliniert genug sein, dass keine Bauchentscheidungen oder Panikverkäufe mehr vorkommen, oder Aktien vorläufig verkauft werden, nur weil sie für einige Monate nicht vom Fleck kommen.
Notverkäufe im Fall von Insolvenzen oder Betrugsfällen wie Luckin Coffee und Wirecard sind erlaubt - Verlustverrechnung sollte weitestgehend ausgenutzt werden.
Ansonsten keine spontanen Verkäufe. Wenn ich diese Regel im Kopf habe, erhoffe ich mir auch, dass ich mir noch besser überlege, welche Aktien ich ins Depot kaufe. Verkäufe werde ich mir zwar erlauben, aber ich werde nur quartalsweise ein Review machen um zu entscheiden, ob ich irgendwo umschichten muss. Dadurch möchte ich mehr Ruhe ins Depot bringen (seit Start des ING-Depots hatte ich an 71 Zeitpunkten verkauft).
Regeln bzgl. Käufe:
Gekauft werden darf jederzeit, sofern Investitionskapital vorhanden ist. Durch die oben beschriebenen Einschränkungen wird neues Investitionskapital nur bei Teilverkäufen frei, bei Dividendenausschüttungen und wenn ich zusätzliches Kapital auf mein Depot übertrage.
Regeln bzgl. Investitionskapital:
Es muss zu jedem Zeitpunkt ein Investitionspuffer von mindestens 5.000 Euro auf dem ING Konto vorhanden sein, das im Notfall für einmalige Gelegenheiten aufgewendet werden kann (falls z.B. Apple über Nacht um 80% fallen sollte...).
Starten werde ich hiermit am 1. Januar 2021. Wie gut das Ganze funktioniert, werdet ihr in den monatlichen Depot Updates lesen können.
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